14 Tage bis zur WM 2014 – 14 Anekdoten zur Fußball WM

In 14 Tagen ist es soweit. Dann startet die WM 2014 mit dem Eröffnungsspiel zwischen Brasilien und Kroatien. Übrigens gab es bei den ersten Turnieren kein offizielles Eröffnungsspiel. Dieses wurde erst ab der WM 1958 eingeführt. Gastgeber Schweden eröffnete das Turnier am 8. Juni 1958 gegen Mexiko und gewann 3:0. Ab der WM 1974 wurde die Regel eingeführt, dass der Weltmeister das Eröffnungsspiel absolviert. Seit der WM 2006 gilt wieder die Ursprungsregel und der Gastgeber eröffnet die Fußball WM. Die gute Nachricht für uns ist, dass in der Geschichte der Fußball Weltmeisterschaft in bisher 19 Turnieren erst zwei Mal eine der Mannschaften Weltmeister wurde, welche das Eröffnungsspiel bestritt (Italien 1934 und England 1966). Das darf uns also Hoffnungen machen, dass Brasilien am 13. Juli 2014 im WM Finale gegen Deutschland den Kürzeren zieht ;-)

Im folgenden habe ich 14 weitere WM-Anekdoten zusammengefasst. Macht es euch gemütlich, geht mit mir auf eine Zeitreise und entdeckt spannende, lustige und kuriose Fakten aus der Geschichte der Fußball Weltmeisterschaften zwischen 1930 bis 1994.

1. Europa „schippert“ zur ersten WM

Während der Großteil der Nationalmannschaften heute unkompliziert und bequem mit Charter-Flugzeugen zur WM-Endrunde reist, hatten die europäischen Teilnehmer an der ersten Weltmeisterschaft 1930 eine abenteuerliche zweiwöchige Schiffsreise zurückzulegen. Wohl auch deshalb zeigten nur Belgien, Frankreich, Jugoslawien und Rumänien Interesse, den Weg ins über 10.000 Kilometer entfernte Uruguay überhaupt auf sich zu nehmen. Laut Volker Stahl und Folke Havekost, die in Ihrem Buch „Fußballweltmeisterschaft 1930 Uruguay“ die Anreise der europäischen Teams anschaulich beschrieben haben, fuhr die rumänische Nationalelf zunächst per Eisenbahn auf Holzbänken nach Genua, wo sie am 19. Juni 1930 an Bord des Luxus-Dampfer „Conte Verde“ ging.

„Für das Geld, das ein Schlafwagen gekostet hätte, kauften wir uns einen Weltmeisterschaftsanzug“, wird Alfred Eisenbeisser zitiert. Am 21. Juni bestiegen dann auch die Franzosen das Schiff und zwei Tage darauf folgten in Barcelona die Belgier. An Bord des Vorzeige-Dampfers fehlte es den Spielern an nichts: Sie schliefen in Zweierkabinen, die Verpflegung war exzellent und auch das Programm hatte es in sich: Neben Tanzabenden, Kino und ausschweifenden Partys sorgten die Opernsänger Marthe Nespoulos und Fjodor Schaljapin für die Unterhaltung der über 2.000 Passagiere. „Am ersten Tag feierten wir die Abreise des Schiffes, am nächsten Tag die Fernsicht des afrikanischen Ufers, dann die Überquerung des Äquators“, schilderte ein belgischer Spieler.

Da man zudem auch die Nobel-Gäste nicht stören wollte, war es kein Wunder, dass die Mannschaften wenig trainierten – während die Belgier versuchten, zumindest mit Geräteturnen in Form zu bleiben, sollen die Franzosen vor allem beim Kartenspiel gesehen worden sein. Am 8. Juli traf das Schiff schließlich in Montevideo ein. Jugoslawien, das am selben Tag in Uruguay eintraf, hatte sich den anderen europäischen Teams nicht angeschlossen, sondern reiste auf eigene Rechnung auf der „Florida“. Berichten zufolge sollen sich die Spieler nicht nur wie auf einer Kreuzfahrt gefühlt, sondern auch so verhalten haben: Sie trainierten kaum, aßen ausgiebig und etliche Kicker legten einige Pfunde zu. Dennoch erreichten „dicke Jugoslawen“ das Halbfinale.

2. Finale mit Tücken

Es war der 30. Juli 1930. In Montevideo standen sich im ersten WM-Finale Gastgeber Uruguay und Argentinien im – mit rund 100.000 Zuschauern bis auf den letzten Platz gefüllten – „Estadio Centenario“ gegenüber. Die Stimmung war aufgeheizt, die heißblütigen Fans verfeindet. Schiedsrichter in diesem Hexenkessel war ein Europäer, der damals 38-jährige Belgier John Langenus. Der groß gewachsene Mann leitete seine Spiele in Knickerbocker-Hosen und Krawatte und war nicht nur als Schiedsrichter, sondern auch als Journalist für die europäische Presse vor Ort.

Da es bereits beim Gruppenspiel zwischen dem Gastgeber und Peru zu Ausschreitungen gekommen war, soll Langenus nicht nur auf Leibwachen hinter jedem Tor bestanden, sondern auch eine Lebensversicherung für sich sowie ein ausdrückliches Verbot von Feuerwaffen im Stadion gefordert haben: „Kein argentinischer Revolver im Centenario!“ Angeblich konfiszierte die Polizei am Einlass über 1.600 Revolver, die an der „Garderobe“ abgegeben werden mussten. Doch das war nicht das einzige Problem, das dem schlaksigen Belgier zu schaffen machte. Sowohl die Nationalmannschaft Uruguays, als auch die Argentinier brachten zum Anstoß ihren eigenen Ball mit – und nur mit diesem wollten sie das Finale austragen. Nach langen Diskussionen einigte man sich darauf, dass jede Mannschaft eine Halbzeit mit dem eigenen Ball spielen durfte – das Los entschied darüber, wer beginnt.

3. Die WM 1958 im TV – alles nur Show?

Die erste Fußball-Weltmeisterschaft, bei der weltweit eine Vielzahl von Begegnungen vom Fernsehen gezeigt wurde, war die WM 1958 in Schweden. Schon damals hatten jedoch nicht die TV-Anstalten, sondern der Weltfußballverband die Hoheit über die Übertragung – die FIFA legte fest, was, wann und wo gezeigt werden durfte. So konnte man in Deutschland zwar insgesamt fünf Live-Spiele im Fernsehen verfolgen (ein Vorrundenspiel, ein Viertel- und eine Halbfinale, das Finale sowie das Spiel um Platz drei) – jedoch nur im „kleinen Finale“ kam das deutsche Publikum in den Genuss, die eigene Nationalmannschaft zu sehen. Besonders bitter für die Fans: Während die Herberger-Elf in Göteborg gegen Schweden um den Finaleinzug spielte, musste man mit bewegten Bildern des zweiten Halbfinals zwischen Brasilien und Frankreich vorlieb nehmen. Wollten die Zuschauer am 24. Juni bei der Begegnung der Deutschen live dabei sein, blieb mal wieder nur Hörfunk: die legendären Reporter Rudi Michel und Herbert Zimmermann kommentierten das hoch dramatische Spiel. Erst knapp eine Woche nach der Weltmeisterschaft kam die Ufa-Produktion „Hinein!“ in die deutschen Kinos – ein WM-Dokumentarfilm, der Ausschnitte der gesamten Endrunde zeigte.

In Schweden ranken sich seit Jahrzehnten wilde Gerüchte um die Weltmeisterschaft im eigenen Land, die vor allem von einer Gruppe namens „Konspiration58“ um Jacques de Waern forciert werden. Sie behauptet, dass es die WM in der gezeigten Form nie gegeben hätte, sondern diese medientechnisch geplant und als TV-Ereignis inszeniert worden sei. Diese Theorie untermauern sie mit einer „umfassenden Beweisführung“ – einem Sammelsurium aus Argumenten, die letztlich belegen sollen, dass die gezeigte Endrunde eine Art „Massentest“ über psychologische Auswirkungen des Fernsehens war, bei dem die TV-Industrie aufgrund ökonomischer Interessen mitgewirkt hat. Diese „Verschwörungstheorie“ wurde fast ein halbes Jahrhundert nach der WM von Regisseur Johan Löfstedt aufgegriffen – der Dokumentarfilm „Konspiration 58“ spielt fiktiv die Argumente der gleichnamigen Gruppe durch. Die Produktion sorgte weltweit für Aufsehen.

4. Muskeln lockern mit Schnaps

Europas Fußballer des Jahres 1963, Sportler des Jahrhunderts, Torhüter des Jahrhunderts – Lew Jaschin wurden viele Ehrungen zuteil, viele nach seinem Tod am 20. März 1990. Der legendäre Torwart der sowjetischen Auswahl kam am 22. Oktober 1929 in der Nähe von Moskau zur Welt und gelangte nur durch Zufall zum Fußball. Zunächst widmete er sich eine ganze Zeit dem Schach, später beschäftigte er sich auch mit Fechten, Basketball, Tennis und Wasserball – zudem hütete das Eishockeytor.

Nur durch einen Zufall landete er bei Dynamo Moskau, wo er nach kurzer Zeit zum Stammspieler wurde. Im Alter von 25 Jahren, beim 7:0-Erfolg gegen Schweden, debütierte der „Schwarze Panther“ (oder auch „Schwarze Krake“) im Kasten der Nationalelf, 1956 errang er mit der UdSSR Olympia-Gold und 1960 hatte der reaktionsschnelle, sprungstarke Torhüter großen Anteil daran, dass die Sowjetunion den ersten Titel bei einer Europameisterschaft holte. Insgesamt nahm Jaschin an vier Weltmeisterschaften teil – 1958, 1962, 1966 und 1970 – und kassierte in 78 Länderspielen zwischen 1950 und 1969 nur 70 Gegentore. In seiner Laufbahn soll er weit über 100 Strafstöße pariert haben.

Doch nicht nur wegen seiner großartigen Leistungen, sondern auch aufgrund seiner Persönlichkeit, seines Stils und seiner „Weisheiten“ genießt er bis heute unsterblichen Ruhm: Der „Löwe von Moskau“ spielte immer komplett in schwarz und obwohl sein Auftreten und seine Paraden oft einfach und schnörkellos wirkten, so umgab ihn im Tor eine ungemeine Eleganz. Er wusste seinen Job mit wenigen Worten zusammenzufassen: „Für Tormänner hat sich nichts geändert. Sie dürfen immer noch kein Tor zulassen.“ Auf die Frage nach dem Geheimnis seiner Top-Leistungen soll Jaschin einmal geantwortet haben, dass es sein Rezept sei, „eine Zigarette zu rauchen, um die Nerven zu beruhigen und einen ordentlichen Schnaps zu trinken, um die Muskeln zu lockern.“ Im Vorrundenspiel der Sowjetunion bei der WM 1962 wurde ihm dies offenbar zum Verhängnis: der beste Torwart der Welt kassierte gegen Kolumbien vier Tore, weil er anscheinend vor dem Spiel in der Kabine ein bisschen zu tief ins Glas geschaut hatte.

5. Garrincha – der nutzlose, hässliche Urwaldvogel

Als Manoel Francisco dos Santos in dem kleinen brasilianischen Dorf Pau Grande 1933 zur Welt kam, waren seine Beine deformiert und er galt als behindert. Erst nach einer gefährlichen Operation konnte er überhaupt stehen – das linke O-Bein blieb dennoch sechs Zentimeter kürzer als das rechte X-Bein. Er wuchs in armseligen Verhältnissen auf, litt unter Hunger und bereits mit zehn Jahren trank er das erste Mal Alkohol. Irgendeiner seiner Brüder taufte in dieser Zeit „Garrincha“ – er gab ihm den Namen eines nutzlosen, hässlichen Urwaldvogels.

Als dieser Garrincha als 20-Jähriger beim Klub Botafogo vorspielte, höhnte die brasilianische Presse: „Es muss Botafogo wirklich schlecht gehen, wenn sie Behinderte zum Probetraining einladen.“ Fünf Jahre später ließ er bei der WM in Schweden Weltklassespieler wie Fahnenstangen stehen, machte diese mit nie gesehenen Tricks beinahe lächerlich und war unumstritten der beste Rechtsaußen seiner Zeit. Die Weltmeisterschaft 1962 brachte ihm endgültig internationalen Ruhm ein – er wurde Torschützenkönig und zum besten Spieler des Turniers gewählt. Der uruguayische Autor Eduardo Galeano bezeichnete ihn als den Mann, der „in der Geschichte des Fußballs die meiste Freude schenkte“ und selbst Superstar Pelé erkannte neidlos an: „Ohne Garrincha wäre ich nicht dreifacher Weltmeister geworden.“

So genial der Dribbler auf dem Feld agierte, so unglücklich und tragisch verlief sein Leben. Er soll von Kindheit an dem Alkohol zugeneigt gewesen sein und selbst zu besten Zeiten regelmäßig getrunken haben. Fünf Entziehungskuren scheiterten. Garrincha war Analphabet, hatte nie Bildung genossen und so verwundert es auch nicht, dass ihm ein 1958 durchgeführter Persönlichkeitstest das geistige Niveau eines Acht- bis Zwölfjährigen bescheinigte. Auch sein Liebesleben sorgte immer wieder für Schlagzeilen: Die Angaben über die Anzahl seiner Kinder schwanken zwischen 14 und 18, zudem war er mehrfach verheiratet. Selbst zur Geburt seines Sohnes Garrinchinha soll er 1976 vier Tage zu spät gekommen sein. Als Garrincha mit 49 Jahren an den Folgen einer Alkoholvergiftung starb, war er völlig verarmt. Er selbst sagte einmal: „Ich bin zum Sinnbild für das geworden, was man aus seinem Leben nicht machen sollte.“

6. „Pickles“ und die Jagd nach dem WM-Pokal

1966, knapp vier Monate vor Beginn der WM in England, herrschte beim Gastgeber und dem Rest der Fußball-Welt die pure Verzweiflung – der FIFA-WM-Pokal war verschwunden! Bei einer Briefmarkenausstellung in der „Westminster Central Hall“ wurde der „Coupe Jules Rimet“ gestohlen, was nicht nur Scotland Yard auf den Plan rief, sondern auch den heimischen Fußballverband (FA) zum Gespött der Leute machte. Die Ermittlungen liefen ins Leere und als sich die Lösegeldforderung eines dubiosen Mittelsmannes (damals umgerechnet rund 87.000 Euro) als Betrug herausstellte, befürchteten die Briten bereits, einen Ersatzpokal herstellen zu müssen. Doch am 27. März 1966 rettete ein Mischlingshund die Ehre der Engländer: Der Werftarbeiter Dave Corbett war mit „Pickles“ in einem Londoner Vorort spazieren gegangen, als dieser plötzlich in den Büschen eines Vorgartens verschwand und einen metallischen Gegenstand – eingewickelt in Zeitungspapier – ausbuddelte. Er hatte die Goldene Göttin, den FIFA-WM-Pokal, wieder gefunden! Zur Belohnung durfte der neue Nationalheld mit seinem Herrchen zum Siegerbankett nach dem WM-Finale und bekam eine Einladung zur Weltmeisterschaft 1972 in Mexiko eingeladen. Der kleine Pickles starb jedoch kurz vor der Abreise – er soll sich an bei der Jagd nach einer Katze an seiner Leine erdrosselt haben.

Übrigens: Wer den Pokal gestohlen hat, blieb bis heute ein Rätsel – ebenso, ob eine Replik der Statue hergestellt worden ist oder nicht. Die Schweizer Zeitung „Weltwoche“ berichtete später darüber, dass die englische Football Association ohne Genehmigung der FIFA bei dem Juwelier George Bird eine Kopie des WM-Pokals in Auftrag gab – diese soll aus Sicherheitsgründen im Rahmen der Feierlichkeiten nach dem Finale diskret gegen das Original ausgetauscht worden sein. Demnach hätten die englischen WM-Helden am Abend auf dem Balkon des „Royal Garden“-Hotels die Kopie in den Nachthimmel von Kensington gestemmt: „Niemand merkte etwas.“

7. Vor oder hinter der Linie? Immer wieder Wembley…

WM-Finale 1966: Gastgeber England trifft auf dem „heiligen“ Rasen von Wembley auf die deutsche Auswahl. Die schnelle Führung der Deutschen durch Helmut Haller (13.) gleicht Geoff Hurst fünf Minuten später aus, in der 77. Minuten gehen die Engländer durch Martin Peters sogar in Führung. Doch Abwehrspieler Wolfgang Weber schlägt zurück und macht in der Nachspielzeit doch noch den Ausgleich – Verlängerung! Weiter geht es auf und ab, bis in der 101. Minute der Brite Geoff Hurst Maß nimmt und den Ball vorbei an Torwart Hans Tilkowski an die Unterkante der Latte knallt.

Von dort springt er auf den Boden – der englische Stürmer Roger Hunt reißt die Arme in die Luft, Wolfgang Weber klärt per Kopf und winkt ab. Es folgen Bange Sekunden – drin oder nicht drin – niemand hat es wirklich gesehen, auch die Fernsehkameras können die Situation nicht aufklären. Der Schweizer Schiedsrichter Gottfried Dienst zögerte zunächst, entschied aber nach kurzer Rücksprache mit seinem Linienrichter Tofik Bachramow aus der UdSSR auf Tor! Während die Engländer jubelten und das Stadion bebte, protestierten die wütenden Deutschen – mit dem 4:2 in der Schlussminute war ihre Niederlage jedoch endgültig besiegelt.

Die Diskussionen um dieses Tor dauern bis in die Gegenwart an und haben den Begriff „Wembley-Tor“ im deutschen Sprachraum berühmt gemacht. Dabei war lange unklar, ob der Ball hinter der Torlinie war oder nicht. Nach verschiedenen Studien gehen die meisten Experten heute jedoch davon aus, dass der Ball die Linie nicht mit vollem Umfang überschritten hat. Auch bei dem Torschützen Hurst kamen 35 Jahre nach dem Finale Zweifel auf. Es sieht aus, „als ob der Ball die Linie nicht überschritten hat“, schreibt er in seinem Buch „1966 and All That“. Übrigens: In England hat dieser Treffer für weit weniger Aufsehen gesorgt und wird dort schlichtweg als „drittes Tor“ bezeichnet

8. Sparwasser demütigt Klassenfeind

Neben dem „Wembley-Tor“ und dem Treffer von Helmut Rahn im 1954er Finale ist es das wohl bekannteste Tor der deutschen Fußball-Geschichte: das so genannte „Sparwasser-Tor“. Es geschah am Samstag, dem 22. Juni 1974, im Volksparkstadion in Hamburg: WM-Vorrunde, das erste und einzige Aufeinandertreffen in der Geschichte der beiden deutschen Nationalmannschaften. In einem schwachen Spiel neutralisierten sich beide Teams nahezu, ehe in der 78. Spielminute der eingewechselte Erich Hamann von Vorwärts Frankfurt/Oder in die Tiefe auf Jürgen Sparwasser spielte. Der Magdeburger ließ die Weltstars Franz Beckenbauer, Berti Vogts und Horst-Dieter Höttges wie Fahnenstangen stehen und überwand den chancenlosen Torhüter Sepp Maier.

Die DDR hielt das Ergebnis bis zum Ende und schlug die favorisierte BRD somit 1:0. Das kam nicht nur einer sportlichen Sensation gleich, vielmehr hatte der Sieg im „neunzigminütigen Klassenkampf“ auch eine politische Dimension. Die Tatsache, dass das „andere Deutschland“ Weltmeister wurde, machte den Erfolg letztlich noch wertvoller – da spielte es kaum eine Rolle, dass die DDR vorzeitig ausschied und nur WM-Platz sechs belegte. Der Treffer lief noch über ein Jahrzehnt als Vorspann der DDR-Sendung „Sport aktuell“. Sparwasser selbst wird bis heute in den Medien fast ausschließlich auf dieses eine Tor reduziert – und das, obwohl die Liste seiner Erfolge durchaus beachtlich ist: Sieger mit der DDR-Juniorenauswahl beim UEFA-Turnier in Essen (1965), Olympia-Bronze in München (1972), Gewinn des Pokalsieger-Cups mit dem 1. FC Magdeburg (1974). Erst 1988 nahm das DDR-Fernsehen das legendäre Tor aus dem Programm – Jürgen Sparwasser war in den Westen Deutschlands geflüchtet.

9. Die WM 1978 und das „wahre“ Argentinien

Selten war eine Weltmeisterschaft so umstritten wie die 1978 in Argentinien. Das Land war seit März 1976 von einer Militärdiktatur unter Jorge Rafael Videla beherrscht worden, die sich die physische Vernichtung aller, die ihr in die Quere kamen, zum Ziel gemacht hatte. Die Folge waren Folter, das Verschwindenlassen und die Ermordung von Regimegegnern – eine wahre Blutspur durchzog das ganze Land, in dem bis 1983 über 30.000 Menschen umgebracht wurden. Dennoch hielt die konservative FIFA-Spitze an der der Ausrichtung fest und obwohl zahlreiche Länder sogar über einen Boykott der Weltmeisterschaft diskutierten, fand diese letztlich planmäßig statt.

So kam es dann, dass im Juni 1978 Staatspräsident Videla im Monumentalstadion von Buenos Aires feierlich das Turnier eröffnete und FIFA-Präsident Havelange freudestrahlend verkündete: „Endlich kann die Welt das wahre Argentinien kennenlernen.“ Dass nur wenige hundert Meter entfernt, im Folter- und Vernichtungszentrum der Marineakademie (ESMA) tagtäglich Menschen unendlichem Leid ausgesetzt waren, spielte keine Rolle mehr. Auch nicht, dass der aktuelle Präsident des Landes, drei Jahre zuvor die Philosophie der Regierung mit folgenden Worten umschrieben hatte: „Es müssen in Argentinien so viele Menschen wie nötig sterben, damit das Land wieder sicher ist.“ So vermischte sich während der WM der Jubel des Publikums mit den Schreien hinter den Gefängnismauern der ESMA.

Und die Weltöffentlichkeit schaute nicht nur zu, sondern stärkte mit ihrer Ignoranz sogar das Regime. Aussagen, wie die von DFB-Kapitän Berti Vogts, müssen den Opfern der Militärdiktatur wie blanker Hohn erschienen sein. Vogts sagte 1978: „Argentinien ist ein Land, in dem Ordnung herrscht. Ich habe keinen einzigen politischen Gefangenen gesehen.“ Aber es gab auch Menschen, die Zivilcourage bewiesen. Einer davon war Argentiniens WM-Trainer Menotti, der sich nach dem Titelgewinn weigerte, den WM-Pokal anzunehmen und Junta-Chef Jorge Videla öffentlich nicht die Hand zu reichte. Auch die im Finale unterlegene holländische Elf setzte ein Zeichen, indem sie der Siegerehrung demonstrativ fern blieb.

Doch auch sportlich erwies sich diese Weltmeisterschaft keineswegs als „sauber“. Heute scheint es fast sicher, dass die entscheidende Zwischenrundenpartie Argentiniens gegen Peru, die die „Gauchos“ mit 6:0 gewannen, von „ganz oben“ manipuliert worden ist, um Argentiniens Finalteilnahme zu sichern. Sowohl der britische Journalist Brian Glanville, der die WM-Endrunde 1978 ausführlich aufgearbeitet hat, als auch David Yallop in seinem Buch „Wie das Spiel verloren ging“ sehen zahlreiche Anzeichen dafür, dass die Nationalmannschaft Perus bestochen wurde. Laut Yallop befahl General Videla persönlich, das Ergebnis zu manipulieren und man einigte mit Perus Machthabern recht schnell auf eine Zahlung von 50 Millionen US-Dollar sowie eine Lieferung von 35.000 Tonnen Getreide. Auch der Turnierverlauf vor dem entscheidenden Spiel lässt eine Manipulation vermuten:

Noch in der Vorrunde hatten die flinken Peruaner Schottland sowie den Iran vorgeführt und gegen Holland unentschieden gespielt – und auch gegen Argentinien begannen sie überlegen. Doch nach 15 Minuten stellten sie das Fußballspielen ein und ließen sich von den Argentiniern überrennen. Ebenso ließ das WM-Finale viele Fragen offen – für Brian Glanville schien hier vor allem die Fitness der Argentinier ein Rätsel: Sie „waren nach 90 Minuten tot. Dann kamen sie zur Verlängerung wie neugeboren aus der Kabine. Wie das möglich war, weiß ich einfach nicht.“ Glaubt man Buchautor Jimmy Burns, dann war „ein Großteil der argentinischen Spieler derart mit Drogen vollgepumpt war, dass sie nach dem Abpfiff weiterrennen mussten, weil sie so aufgedreht waren“. Auch David Yallop bestätigt, dass viele Spieler nur deshalb nicht aufflogen, weil sie fremde Urinproben abgaben.

10. Königlicher „Flitzer“

Dieses Bild ging um die Welt: Scheich Fahid Al-Ahmad stürmte beim Spiel der Weltmeisterschaft 1982 zwischen Kuwait und Frankreich wütend und mit wehendem Gewand auf das Spielfeld um gegen die Wertung eines Tores der Franzosen zu protestieren. Seine Aufsehen erregende Einlage hatte Erfolg: der Schiedsrichter annullierte tatsächlich den Treffer!

Es geschah am 21. Juni 1982. Die Vorrundenpartie im nagelneuen „Estadio Nuevo Jose Zorilla“ in Valladolid war beim Stand von 3:1 für die Auswahl Frankreichs eigentlich bereits entschieden, als Alain Giresse in der Schlussphase den Vorsprung der „Les Bleus“ auf 4:1 ausbauen konnte. Plötzlich machte sich auf der Ehrentribüne Unruhe breit, wilde Diskussionen begannen: Der kuwaitische Scheich Fahid Al-Ahmad Al-Sabah – gleichzeitig Präsident des nationalen Fußballverbandes – und sein Gefolge wollten den Pfiff eines Zuschauers gehört haben, der die Spieler Kuwaits dermaßen irritierte, dass sie den französischen Stürmer passieren ließen. Erbost darüber rannte der Scheich vorbei an der verdutzten Guardia Civil wild gestikulierend auf den Platz, forderte die Annullierung des Tores und drohte damit, seine Mannschaft vom Feld zu beordern, sollte das Tor gewertet werden.

Der sichtlich genervte und überforderte Schiedsrichter Stupar aus der Sowjetunion erfüllte nach langer Diskussion schließlich die Forderung des wütenden Funktionärs, so dass die Partie nach sechs Minuten fortgesetzt werden konnte. Nur wenige Minuten später machte Frankreich doch noch das 4:1 – dennoch wurde der Schiedsrichter aufgrund seiner Entscheidung von der FIFA suspendiert. Zudem musste der Fußballverband Kuwaits eine Strafe in Höhe von 11.000 $ zahlen. Acht Jahre später endete das Leben des stolzen Prinzen tragisch: Fahid Al-Ahmad kam bei der Invasion des Irak 1990 um.

11. Totobetrüger mit Engelsgesicht

Eine solche Galavorstellung, wie sie Paolo Rossi bei der Weltmeisterschaft 1982 in Spanien ablieferte, hatte wirklich niemand erwartet, denn noch Monate zuvor war der Stürmer aus Perugia am Boden zerstört und die WM-Teilnahme in weiter Ferne. „Faccia de Angelo“ (das Engelsgesicht) hatte wegen angeblichem Totobetrugs eine Sperre von zwei Jahren abgesessen – er und weitere Spieler sollen das Spiel zwischen Avellino und Perugia (2:2) verschoben haben, in dem Rossi zwei Tore erzielte. Trotz seiner Verurteilung beteuerte er stets seine Unschuld: „Ich, und für lumpige zwei Millionen Lire ein Spiel, meine Ehre verkaufen? Merkt ihr nicht selbst, wie absurd das ist?“ Zugegebenermaßen ließen die angeblich gezahlten umgerechnet 4.000 DM durchaus Zweifel an der Version des Gerichts zu.

Ungeachtet aller Vorwürfe und mit nur drei Meisterschaftspartien Spielpraxis nahm ihn der italienische Nationaltrainer Enzo Bearzot mit zur WM in Spanien, was sich zunächst nicht auszuzahlen schien. Rossi blieb in der Vorrunde ohne Treffer und hatte auch in der Zwischenrunde gegen die argentinische Auswahl Ladehemmung. Die italienische Presse stürzte sich förmlich auf den umstrittenen Stürmer und lancierte Gerüchte über ein angebliches homosexuelles Verhältnis zwischen Rossi und dem Verteidiger Antonio Cabrini. Zudem hieß es, dass die beiden gemeinsam in Kneipen unterwegs gewesen seien, und nicht nur gemeinsam tränken, sondern auch Drogen nähmen.

Die „Squadra Azzurra“ setzte sich dagegen geschlossen mit einem „Silenzio Stampa“ zur Wehr – einem kollektiven Schweigen gegenüber allen Berichterstattern. Rossi, der nach eigener Aussage von solcher Art der Berichterstattung „die Schnauze voll“ hatte, schlug auf seine Weise zurück: Erst schoss er den Turnierfavoriten Brasilien mit drei Treffern ab (3:2), dann machte er im Halbfinale gegen Polen mit seinen Treffern den Sieg perfekt (2:0) und schließlich leitete er den Finalsieg mit dem Führungstreffer gegen Deutschland ein (3:1). Plötzlich war er Torschützenkönig der WM 1982 und Volksheld. „Ich bin der glücklichste Mensch der Welt“, sagte er nach dem Gewinn des Weltmeistertitels. Geheiratet hat Paolo Rossi inzwischen auch – nicht etwa Antonio Cabrini, sondern Simonetta, mit der er einen Sohn hat.

12. „Suppenkasper“ trainiert „Gurkentruppe“

Es war die erste WM des noch unerfahrenen Teamchefs Franz Beckenbauer und gleich bei seiner Premiere sollte es im deutschen Lager so richtig krachen. Es passierte bei der Weltmeisterschaft 1986 in Mexiko und es war Ersatztorhüter Uli Stein vom HSV, der den Stein des Anstoßes gab. Dieser hatte eine großartige Saison gespielt und befand sich in der Form seines Lebens – der etatmäßige Torhüter der Nationalelf, Toni Schumacher, konnte im Vorfeld hingegen kaum überzeugen.

Dennoch hielt Beckenbauer an seiner Nummer 1 fest, was Stein sehr verärgerte: „Es ist doch logisch, dass ich bei Bekannt werden der Entscheidung die Welt nicht mehr verstanden habe.“ Der Eklat folgte wenig später: Bei einem Mittagsessen im Mannschaftsquartier machte Stein ein, aus seiner Sicht, „harmloses Späßchen“ und bezeichnete Franz Beckenbauer – in Anlehnung an seine Suppen-Fernsehwerbung der sechziger Jahre – als „Suppenkasper“. Offensichtlich steckte ein Mitspieler dem Teamchef den Spruch, was den sofortigen Rauswurf des Querulanten durch den DFB-Präsident Hermann Neuberger zur Folge hatte.

Bereits während der folgenden Halbfinalpartie saß der gefeuerte Torhüter im Flieger nach Deutschland und seine Nationalmannschaftskarriere war beendet. Gegen die Behauptung, er habe die Mannschaft in diesem Zusammenhang auch als „Gurkentruppe“ bezeichnet, wehrt sich Uli Stein bis heute, denn das wäre Matthias Herget gewesen. Ein Artikel der Tageszeitung „Die Welt“ zielt in diese Richtung: Die Geschichte der Fußballweltmeisterschaften ist voller Missverständnisse, das wird auch bei der ZDF-Geschichtsstunde klar. Toni Schumacher und Uli Stein haben sich nie gestritten, Stein hat Beckenbauer nie bösartig ‚Suppenkasper’ und das Team nie ‚Gurkentruppe’ genannt.“

13. Die „Hand Gottes“

Am 22. Juni 1986 fand im Aztekenstadion in Mexiko-Stadt ein WM-Viertelfinale statt, das in die Geschichte eingehen sollte. Die kompakten Engländer trafen vor 114.580 Zuschauern auf das spielstarke Argentinien, das als Favorit in die Partie ging. Nachdem Hälfte eins torlos geblieben war, fasste sich Diego Maradona in der 51. Minute ein Herz, ließ Glenn Hoddle stehen und versuchte an der Strafraumgrenze einen Doppelpass mit seinem Stürmerkollegen Jorge Valdano. Dieser misslang zwar gründlich aber der Querschläger des englischen Verteidigers Steve Hodge, der dazwischen gegangen war, flog im hohen Bogen in Richtung des eigenen Torhüters.

Der 1,83 Meter große Schlussmann der Engländer, Peter Shilton, eilte heraus, um das Leder abzufangen, aber auch der 17 Zentimeter kleinere Maradona schraubte sich in die Luft und beförderte – zur Überraschung aller – mit einer blitzschnellen Bewegung den Ball ins Tor. Die Fernseh- und Radiokommentatoren überschlugen sich förmlich mit ihren langgezogenen „Gooool“-Rufen und der argentinische Spielmacher ließ sich feiern und hüpfte vor Freude. Die Engländer umlagerten hingegen den Schiedsrichter und reklamierten Handspiel, doch Ali Bennaceur aus Tunesien entschied sah Maradona mit dem Kopf am Ball und entschied auf Tor – 1:0 für Argentinien!

Auch wenn die Fernsehbilder bestätigten, dass es ein irreguläres Tor war, nützten die Proteste der englischen Spieler und Funktionäre nichts – die Tatsachenentscheidung des Schiedsrichters, der freie Sicht auf den 30 Meter entfernten Luftkampf hatte, stand fest. Diego Maradona schilderte die Situation nach dem Spiel vor laufenden Kameras wie folgt: „Der Ball kam geflogen. Shilton und ich sind hochgesprungen. Da habe ich die Augen zu gemacht. Es war ein bisschen die Hand Gottes und ein bisschen Maradonas Kopf.“ Der Begriff „La mano de dios“ – die Hand Gottes – ist seitdem eng mit seinem Namen verknüpft. Reue zeigte „Diegíto“ selbst erst sehr spät: 2008 sagte er in einem Interview der Boulevardzeitung „The Sun“: „Wenn ich eine Zeitreise machen könnte und die Geschichte umschreiben, ich würde es tun. Aber ich kann es nicht. Das Tor ist immer noch ein Tor. Wir wurden Weltmeister, und ich war der beste Spieler der Welt.“

Dass Maradona im gleichen Spiel, nur wenige Minuten später, eines der spektakulärsten Tore der WM-Geschichte erzielte, ging aufgrund des Skandals beinahe unter. Er hatte sich den Ball hinter der Mittellinie geschnappt, die komplette englische Hintermannschaft bei seinem Sololauf wie Slalomstangen stehen gelassen und eiskalt vollstreckt. Damit war das Spiel entschieden. Mannschaftskollege Valdano verteidigte den Kapitän nach dem Treffer auf eine recht spezielle Art: „Diego ist so groß, dass er mit der Last dieses irregulären Tores nicht leben konnte, deshalb hat er gleich noch ein zweites geschossen.“

14. Tödliches Eigentor

Am 2. Juli 1994, kurz nach der Heimkehr der kolumbianischen Mannschaft von der WM in den USA, wurde der Nationalspieler Andrés Escobar Saldarriaga in Medellin erschossen. Auf einem Parkplatz vor der Bar „El Indio“ richtete ein gewisser Humberto Muñoz Castro den 27-Jährigen mit zwölf Schüssen hin – dabei soll er laut „Goooool“ (spanisch: Tor) und „Danke für das Eigentor“ gerufen haben. Was war passiert? Fünfzig Länderspiele hatte Escobar bestritten, 1989 mit Atlético Nacional den wichtigsten südamerikanischen Vereinswettbewerb, die „Copa Libertadores“, gewonnen und auch ein Jahr in Europa bei den Young Boys Bern in der Schweiz gekickt.

Zur WM in die USA war er mit seiner Mannschaft mit hohen Erwartungen angetreten – Kolumbien galt als der Geheim-Tipp auf den Titel – doch dann kam alles anders. Nach dem enttäuschenden 1:3-Auftakt gegen Rumänien folgte am 22. Juni im Stadion „Rose Bowl“ eine bittere Niederlage gegen den Gastgeber, wobei das Eigentor von Andrés Escobar zum 0:1 die Pleite der Südamerikaner einleitete. Trotz eines Sieges im letzten Gruppenspiel gegen die Schweiz schieden die hoch gehandelten Kolumbianer als Gruppenletzter aus. Letztlich hatte das unglückliche Tor Escobars seiner Mannschaft das Genick gebrochen, denn bereits mit einem Remis gegen die USA wäre Kolumbien wohl im Turnier geblieben.

Der Täter, Humberto Muñoz Castro, konnte recht schnell festgenommen und verurteilt werden – zunächst zu 43 Jahren Gefängnis, die dann auf 26 und wegen guter Führung schließlich auf elf Jahre reduziert wurden. Trotz zahlreicher Proteste kam er 2005 frei. Was jedoch bis heute nicht aufgeklärt werden konnte, sind die wahren Beweggründe und eventuelle Hintermänner des Mordes. Hier halten sich drei Theorien: Erstens könnte es sich um einen „normalen“ Streit gehandelt haben – Medellin gilt noch heute als eine der gefährlichsten Städte der Welt und der Einsatz von Feuerwaffen ist an der Tagesordnung. Zweitens wurde der Täter immer wieder mit dem berüchtigten Drogenkartell in Verbindung gebracht – verärgerte Bosse könnten den Mord angeordnet haben, da sie durch das Ausscheiden der kolumbianischen Nationalmannschaft viel Geld verloren hatten. Andererseits wird in den letzten Jahren auch darüber spekuliert, dass Andrés Escobar zu viel gewusst hat und deshalb sterben musste. So erzählt man sich, dass er das Tor absichtlich erzielt und damit ein K.o. in der Vorrunde provoziert haben soll – Kolumbien galt im Turnier als Geheimfavorit und die Wett-Quoten für ein vorzeitiges Ausscheiden waren sehr hoch. In diesem Fall hätten die Drogenhändler einen Mitwisser ermordet.

In Kolumbien ist Escobar nach seinem Tod zu einer Legende geworden: 120.000 Menschen nahmen bei der Trauerfeier von ihm Abschied, später wurden die letzten Tage vor seinem Tod aufwendig produziert und im Fernsehen ausgestrahlt und bis heute hat er zahlreiche Fanclubs. In Gedenken an den ermordeten Abwehrspieler fand im Sommer 2006 erstmals, parallel zur FIFA-WM in Deutschland, auch eine WM im Straßenfußball – die „Copa Andrés Escobar“ – statt.

Bild: Bundesarchiv, Bild 183-N0716-0315 / Mittelstädt, Rainer / CC-BY-SA

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