Achtelfinalgegner-Check Algerien: Vorsicht, Wüstenfüchse!

Etwas überraschend ist Algerien der deutsche Achtelfinalgegner bei der Weltmeisterschaft. Wo liegen die Stärken der “Wüstenfüchse”, wo die Schwächen? Was sind die Besonderheiten des Spiels? Der Teamcheck gibt Aufschluss.

Das bisherige Turnier

In der zugegebenermaßen nicht hochklassig besetzten Gruppe H hat Algerien das Beste aus seinen Möglichkeiten gemacht: Gegen Gruppensieger Belgien verlor das Team erst durch zwei Joker-Gegentore in der Schlussphase 1:2. Die höher eingeschätzten Südkoreaner wurden beim 4:2 vor allem vor der Pause in ihre Einzelteile gelegt. Und gegen enttäuschende Russen retteten die Nordafrikaner das benötigte 1:1 zum Sichern des zweiten Platzes. Der Lohn: Der erstmalige Einzug ins WM-Achtelfinale bei der vierten Teilnahme.

Die Stärken

Algerien spielt einen technisch anspruchsvollen Fußball, der fast ein wenig südamerikanisch daherkommt. Die Mannschaft präsentiert sich als solche, kompensiert die durchaus vorhandenen individuellen Defizite durch ihre Geschlossenheit auf dem Platz. Prunkstück ist die Offensive um Edeltechniker Sofiane Feghouli (24/FC Valencia) auf Rechtsaußen und Yacine Brahimi (24/FC Granada) im Zentrum. Sie ziehen die Fäden und leiten die Zuspiele auf den einzigen Angreifer Islam Slimani (26/Sporting Lissabon) ein, der bereits zweimal im Turnier erfolgreich war.

Die Schwächen

Torhüter Rais M’Bolhi (28/ZSKA Sofia) hat im bisherigen Turnier zwar überzeugt, ist in seinem Verein aber nur die Nummer zwei. Ihm fehlt die ganz große Klasse. Die Innenverteidiger Madjid Bougherra (32/Lekhwiya SC) und Rafik Halliche (27/, Academica Coimbra) sind zwar körperlich stark, aber nicht sonderlich schnell und wendig. Im Zentrum sollten sich für die beweglichen deutschen Offensivspieler einige Möglichkeiten bieten. Gleiches gilt für die rechte deutsche Angriffsseite mit Mesut Özil: Linksverteidiger Djamel Mesbah (29/AS Livorno) hat sich als Sollbruchstelle der Viererkette präsentiert. Im 1:1 oder im Zusammenspiel mit Rechtsverteidiger Jerome Boateng sollte Özil hier oft zu Hereingaben kommen.

Der Trainer

Der Bosnier Vahid Halilhodzic ist in Algerien gelinde gesagt nicht gerade beliebt. Bei Fans und Medien eckte der ehemalige PSG-Trainer seit seinem Amtsantritt vor drei Jahren immer wieder an. Nun hat der 61-Jährige das Land aber zum größten Erfolg seiner Fußballgeschichte geführt. Im Deutschland-Spiel hat er nichts mehr zu verlieren.

Die Vorgeschichte

Bei der WM 1982 überraschte Algerien im ersten Gruppenspiel durch ein 2:1 gegen Europameister Deutschland. Das Weiterkommen schien gesichert – bis der 25. Juni und die “Schande von Gijon” kamen: Algerien hatte bereits tags zuvor sein letztes Gruppenspiel 3:2 gegen Chile gewonnen, hatte damit 4:2 Punkte auf dem Konto und eine ausgeglichene Tordifferenz. Der Blick ging auf das Duell zwischen Deutschland (2:2, +2) und Österreich (4:0, +2). Nachdem Horst Hrubesch in der 10. Minute das 1:0 erzielt hatte und damit das DFB- UND das ÖFB-Team eine Runde weiter waren, stellten beide Mannschaften das Fußballspielen ein. Algerische Zuschauer im Stadion witterten Schiebung, wedelten mit Geldscheinen. Eine Absprache wird aber bis heute energisch bestritten. Mitschuld trug auch die FIFA, die als Lehre aus der “Schande von Gijon” den dritten Gruppenspieltag seither in Parallelspielen ansetzt.

Der Faktor Ramadan

Am 28. Juni hat der muslimische Fastenmonat Ramadan begonnen. Während im deutschen Team Mesut Özil verzichtet (“Ich kann nicht mitmachen, weil ich arbeiten muss”), machen die 23 algerischen Spieler ein Geheimnis daraus, ob sie sich ihrem Glauben beugen und bei Tageslicht weder essen noch trinken. Wissenschaftliche Untersuchungen legen nahe, dass Fußballprofis diese Strapaze durchaus wegstecken können. Aber: Das Spiel gegen Deutschland findet um 18 Uhr Ortszeit statt. Halten sich die Algerier an den Ramadan, wären sie bei Anpfiff seit dem Sonnenaufgang um 7:21 Uhr seit mehr als zehn Stunden ohne Energieaufnahme – unter sportlichen Aspekten wäre das sicher nicht hilfreich.

Prognose

Es darf kein Vertun geben, dass die deutsche Mannschaft als Titelanwärter die Hürde Algerien nehmen muss. Die beiden bisherigen Vergleiche wurden zwar verloren, doch das ist lange her (1964 und 1982). Die DFB-Elf ist in allen Belangen überlegen. Auch wenn eine K.O.-Phase immer Überraschungen birgt, sollte die Partie spätestens nach dem ersten deutschen Tor zu einer klaren Angelegenheit werden. Tipp: 3:0.

Originalartikel zu erst erschienen auf www.aktives-abseits.de.

Bild: Magharebia (CC BY 2.0)

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