Von Hammer bis Gähn – Die Gruppen der WM 2014 im Check

Dass die Auslosung zur Weltmeisterschaft 2014 ein ziemliches Ungleichgewicht zutage fördern würde, war bereits im Vorfeld zu erahnen. Tatsächlich hat Fortuna mit gütiger Hilfe der FIFA zwei wahre Hammergruppen hervorgebracht. Dafür versprüht die Mehrzahl der Konstellationen wenig Reiz. Irgendwo dazwischen: Die Gruppe G der deutschen Mannschaft.

Gruppe A: Brasiliens Schnellstraße ins Achtelfinale

In der Vergangenheit wurde viel über heiße und kalte Kugeln bei WM-Auslosungen spekuliert, um dem Ausrichter ein leichtes Los und damit einen langen Verbleib im Turnier zu ermöglichen. Ob da nun etwas dran ist oder nicht – der WM-Gastgeber hat in schöner Regelmäßigkeit Dusel bei der Auslosung. Auch die Brasilianer können sich nicht beklagen.

Zwar wartet mit den Kroaten gleich zum Auftakt der härteste Brocken, doch die Mannschaft von Niko Kovac hat alles andere als eine souveräne Qualifikation gespielt. Zudem ist das kleine Land seit dem sensationellen dritten Platz bei der WM 1998 bei keiner Endrunde mehr über die Vorrunde hinausgekommen.

Mexiko gilt zwar als “Angstgegnerchen” der Brasilianer, doch beim Confed Cup 2013 (2:0 in der Vorrunde) hatte die Selecao die Tri klar im Griff. Kamerun verfügt nur über einen echten Star: Samuel Eto’o. Der in die Jahre gekommene Chelsea-Angreifer ist aber immer auch ein potenzieller Spaltpilz.

Prognose: Brasilien sichert sich locker den Gruppensieg. Kroatien und Mexiko machen Platz zwei unter sich aus.

Gruppe B: Adios oder Vaarwel?

Den 13. Juni 2014 sollte man sich jetzt schon dick im Kalender anstreichen. Dann kommt es um 21 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit in Salvador zur Neuauflage des WM-Finals von 2010 zwischen Spanien und den Niederlanden – wohlgemerkt in der Vorrunde. Der FIFA und ihrer eigenwilligen Einteilung der Gruppenköpfe haben wir diese brisante Konstellation zu verdanken.

Und es kommt noch dicker: Chile, der dickste Brocken aus Lostopf zwei, gesellt sich ebenfalls in die Gruppe B. Das heißt im Klartext: Australien als viertes Team dürfte einen kurzen Aufenthalt in Brasilien haben.

Vor allem aber wird es einen Großen bereits in der Vorrunde erwischen. Und als würde das noch nicht ausreichen: Der Zweite dieser Gruppe bekommt es im Achtelfinale voraussichtlich mit den Brasilianern zu tun. Das verheißt bereits den nächsten Knaller.

Prognose: Mit der bekannten Mischung aus Routine, technischer Perfektion und taktischer Disziplin sollte Titelverteidiger Spanien in der Gruppe B die Oberhand behalten. Die starken Chilenen – im März nächster Testspielgegner Deutschlands – und die verjüngten Niederländer kämpfen um das Achtelfinale.

Gruppe C: Enge Kiste

Die Gruppe C verspricht vor allem eines: Ausgeglichenheit. Kolumbien verfügt mit Radamel Falcao, Jackson Martinez oder James Rodriguez über die stärkste Mannschaft seit Langem. Ein alter Bekannter dürfte auch mit dabei sein: Der 42-jährige Keeper Faryd Mondragon, einst beim 1. FC Köln unter Vertrag, stand bereits bei Kolumbiens letzter Teilnahme 1998 in Frankreich im Tor.

Die Elfenbeinküste mit Didier Drogba und den Touré-Brüdern wartet mit Erfahrung und großen Namen auf. Asienmeister Japan und Griechenland bestechen vor allem durch ihre mannschaftliche Geschlossenheit. Auf den ersten Blick hält diese WM 2014 Gruppe keinen großen Kracher bereit. Das lässt allerdings im Umkehrschluss auf offene Spiele hoffen.

Prognose: Auf dem heimischen Kontinent sollte Kolumbien das Rennen machen. Die Elfenbeinküste hat bei ihrer dritten WM-Teilnahme erstmals eine vermeintlich leichte Gruppe erwischt. Für die “Alten Herren” um den 35-jährigen Drogba ist das Achtelfinale daher Pflicht.

Gruppe D: England’s going home

Nach Jahrzehnten des Dünkels hat man in England endlich akzeptiert, dass auf Nationalmannschaftsebene andere Mannschaften den Ton angeben. Angesichts der Gruppenauslosung dürfte dies im Juni 2014 offensichtlicher denn je werden. Immerhin bekommt es Ex-Weltmeister England mit zwei weiteren ehemaligen Titelträgern zu tun, die ihrem nächsten Triumph gewiss näher sind als das Team von Roy Hodgson.

Gegen Südamerikameister Uruguay mit der Fünf-Sterne-Offensivreihe Cavani/Suarez sowie gegen die abgezockten Italiener sind die Three Lions nach aktuellem Stand Underdog. Gut möglich, dass es für Rooney & Co. im abschließenden Gruppenspiel gegen Costa Rica nur noch um Platz drei geht.

Italiener und Urus agierten schon beim Confed Cup 2013 nahezu auf Augenhöhe und gehören ein Jahr später dem erweiterten Favoritenkreis an. Beide sind aufgrund ihrer Disziplin und dem “Mut zur Hässlichkeit” extrem schwer zu bespielen.

Prognose: Italien und Uruguay sind klare Anwärter für die K.O.-Runde.

Gruppe E: Frankreichs Freilos

Mon Dieu! Da hätte Frankreich um ein Haar die Qualifikation für die WM verpasst und nun das: eine Gruppe mit der Schweiz, Ecuador und Honduras. Nichts gegen die Eidgenossen, die eine starke Qualifikation gespielt haben und von FIFAs Gnaden bei der WM 2014 Auslosung in Topf eins gelandet sind, aber Ribéry & Co. sind in der Gruppe E zum Weiterkommen verpflichtet.

Honduras und Ecuador sind die Leichtgewichte unter den CONCACAF- bzw. CONMEBOL-Startern, die Schweiz galt zudem als “dankbarster” Gruppenkopf. Überhaupt wirkt die Gruppe E als die niveauschwächste des gesamten Turniers. Die Protagonisten dürfen das gerne widerlegen.

Prognose: Wie schon 2006 wurden Frankreich und die Schweiz in der Vorrunde zusammengeführt. Und wie schon 2006 sollten beide auch dieses Mal das Achtelfinale buchen.

Gruppe F: Messi beaucoup

Auch Argentinien kann sich über die Auslosung nicht beklagen. WM-Debütant Bosnien-Herzegowina scheint in der Gruppe F noch der gefährlichste Kontrahent zu sein. Gegen Dzeko, Ibisevic und Co. geht es für die Gauchos gleich zum Auftakt.

Nigeria ist zwar Afrikameister, wurde aber beim Confed Cup 2013 gegen Spanien und Uruguay gewogen und als zu leicht befunden. Die Super Eagles sollten daher auch die Startruppe um Messi und Agüero nicht gefährden können.

Das gilt erst recht für den Iran, bei dem Ex-Bundesligaprofi Ashkan Dejagah aus einer No-Name-Truppe ohne große internationale Erfahrung hervorsticht.

Prognose: Argentinien spaziert ins Achtelfinale. Bosnien-Herzegowina und Nigeria können sich in dieser leichten Gruppe Hoffnungen auf Platz zwei machen. Übrigens: Wie schon 2006 und 2010 ist ein Duell zwischen Argentinien und Deutschland im Viertelfinale möglich.

Gruppe G: Klassentreffen mit Deutschland

Nach der Auslosung hatte man den Eindruck, dass Bundestrainer Joachim Löw und Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff den Spielorten mehr Beachtung schenkten als den Gegnern. Mit Salvador, Fortaleza und Recife hat das DFB-Team drei tropische Städte erwischt, die aber immerhin auf Meereshöhe liegen und nicht allzu weit voneinander entfernt sind. In dieser Hinsicht kann man sagen: Glück gehabt.

Was die Gruppengegner angeht, hat die Löw-Elf wohl die drittstärkste Konstellation erwischt. Kein Vergleich zu den Hammergruppen B und D, aber mit EM-Halbfinalist Portugal, Gold-Cup-Sieger USA und Afrikas konstantestem Team Ghana wird die Gruppe G kein Selbstläufer.

Gegen Portugal um Superstar Cristiano Ronaldo war Deutschland bei den letzten drei Aufeinandertreffen (WM 2006 3:2; EM 2008: 3:2; EM 2012: 1:0) stets knapp erfolgreich. Ghana hat der DFB-Elf 2010 in der Vorrunde alles abverlangt, der 1:0-Sieg Deutschlands war phasenweise eine Zitterpartie.

Und die von Ex-Bundestrainer Jürgen Klinsmann trainieren Amerikaner haben erst im Juni 2013 eine deutsche B-Elf mit 4:3 geschlagen. Von diesem Sieg beflügelt, startete das Team eine imposante Siegesserie und sicherte sich souverän das WM-Ticket und den Sieg beim Gold-Cup, der Kontinentalmeisterschaft Nord- und Mittelamerikas.

Prognose: Deutschland hat keine Gruppe zum Warmspielen erwischt, sondern ist gleich gefordert. Gegen Portugal, Ghana und die USA werden die Fußballtore nicht in Serie fallen, doch ein Weiterkommen ist als Gruppenerster ist gemessen an den eigenen Ansprüchen Pflicht. Wenn sich Portugal als Mannschaft steigert und seine Ronaldo-Abhängigkeit ablegt, geht die Selecao mit in die K.O.-Runde.

Gruppe H: Europäer in der Pflicht

Die jungen Belgier um Hazard, Lukaku und Fellaini gelten solange schon als Geheimfavorit, dass ein weites Vordringen im Turnier keine Sensation mehr wäre. Das Los hat es mit der Mannschaft von Marc Wilmots gut gemeint. Die wankelmütigen Russen sind sicherlich der stärkste Gegner der Roten Teufel.

Südkorea war nur bei der Heim-WM 2002 stark und enttäuschte bei allen weiteren sieben Teilnahmen. Algerien ist das Leichtgewicht unter den afrikanischen Startern. Die beiden Europäer müssen in dieser Gruppe ihrer Favoritenrolle gerecht werden.

Prognose: Belgien und Russland schaffen es in die K.O.-Runde. Dort würden mit Deutschland oder Portugal ganz andere Kaliber warten.

» Siehe hier den vollständigen WM 2014 Spielplan.

[separator top=“20″ style=“single“]

Originalartikel: www.aktives-abseits.de

[separator top=“20″ style=“single“]

Bild: tiegeltuf (CC BY-SA 2.0)

1 comment… add one
  • Julian Link Reply

    Schöne Analyse – ich teile die meisten Einschätzungen dieses Beitrags.
    Es gibt jedoch bei jedem großen Turnier 2 bis 3 Überraschungen, sowohl im negativen, wie auch im positiven Sinne.
    Uruguay bspw. ruft bislang zu selten und unkonstant sein Potenzial ab. Auch die Franzosen haben immer wieder Probleme, ihr Können wenn es drauf ankommt unter Beweis zu stellen.
    Und ein paar der nominellen Underdogs erwischen ebenfalls immer ein gutes Turnier. Teams wie Nigeria, Bosnien-Herzegowina, Griechenland oder Japan sind immer für einen Überrschungscoup gut.

Leave a Comment