Fußball WM 2014 Finale: Argentinien nicht unterschätzen!

Nach dem zweiten Halbfinale, das den Finaltraum der Holländer im Elfmeterschießen zerplatzen ließ, steht fest: Deutschland tritt im Finale am Sonntag gegen Argentinien an. Doch auch wenn ganz Deutschland nach dem 7:1 Erfolg über Brasilien momentan im siebten Himmel schwebt und vor Zuversichtlichkeit nur so strotzt, sollte man den Gegner nicht unterschätzen.

Deutschland geht zwar als klarer Favorit ins Titelrennen, doch hat Argentinien in diesem Turnier immer wieder seine Defensivstärke bewiesen. Und der Turnierverlauf hat eben auch gezeigt, dass das DFB-Team immer dann eine ordentliche Leistung zeigte, wenn man auf einen Gegner traf, der selbst das Spiel macht und Räume zum Spielaufbau lässt. Gegen tiefstehende Teams wie Algerien oder Ghana taten sich Jogis Jungs dagegen eher schwer. Ein Schützenfest wie im Halbfinale gegen Brasilien wird kaum zu erwarten sein. Wir müssen uns eher auf eine zähe und anstrengende Partie einstellen, denn die Argentinier sind für ihre kompakte, abwartende Spielweise und ihre außergewöhnliche Defensive bekannt. Nicht ohne Grund haben die Südamerikaner in der K.o.-Runde gegen die Schweiz, Belgien und die Niederlande nicht ein einziges Gegentor kassiert.

Argentinisches Abwehrbollwerk wird Deutschland vor Probe stellen

Argentiniens Taktik wird es sein, eine abwartende Haltung einzunehmen, Deutschland das Spiel machen zu lassen, ohne die DFB-Kicker in den Strafraum vorstoßen zu lassen, dabei stehts auf Konter zu lauern und auf die unberechenbaren Offensivkräfte um Lionel Messi und Gonzalo Higuaín zu hoffen. Die deutsche Nationalmannschaft wird es daher schwer haben, zu Chancen zu kommen. Es ist wichtig, dass sich das Team von Jogi Löw ob des argentinischen Bollwerks nicht aus der Ruhe bringen lässt, stets nach vorne spielt, ohne jedoch hinten Räume aufreißen zu lassen. Denn wenn Argentinien mit einem Konter Erfolg haben sollte, könnte es schwer werden, den Rückstand gegen dann noch enger stehende Gauchos wieder aufzuholen.

Ein frühes Tor für Deutschland würde die Sache extrem vereinfachen. Dann wäre Argentinien gezwungen zu reagieren und seine Abwehrreihen zu lichten. Doch darauf sollte man nicht spekulieren. Kamen wir in diesem Turnier nicht selten nach einer Standardsituation zu einem Tor (etwa Mats Hummels nach Freistoß im Viertelfinale gegen Frankreich), dürfte das im Finale gegen zweikampf- und kopfballstarke argentinische Verteidiger schwer werden. Da sie gleichzeitig aber auch als nicht allzu laufstark gelten, könnte darin der Schlüssel zum Erfolg liegen: mittels einer dynamischen und flinken Offensive die gegnerische Verteidigung schwindelig spielen.

Mit welcher Aufstellung ins Finale?

Es ist also durchaus vorstellbar, dass Löw von seiner zuletzt erfolgreichen Startelf mit Klose als Zentralstürmer wieder abkehrt und vorne einen dynamischeren, kombinations- und pressingstarken Aufbau wählt. Unser Bundesjogi wird sich sicherlich schon ausführlich Gedanken gemacht haben, wie dem argentinischen Bollwerk beizukommen ist. Zum Glück ist das nicht unsere Entscheidung! So haben wir dann immerhin noch einen Schuldigen, wenn es doch nicht mit dem vierten Stern klappen sollte …

Immerhin könnte das Finale zu einer Art Heimspiel für Deutschland werden. Zwar haben viele Brasilianer die 7:1 Klatsche immer noch nicht verdaut, doch drücken sie am Sonntag dennoch dem DFB-Team beide Daumen. Nichts wäre schlimmer und demütigender, als wenn der Erzfeind Argentinien in Brasilien den Weltmeistertitel holt.

Video: Argentinien deutscher Gegner im WM-Endspiel:

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Brasilien vs. Deutschland: Ohne Neymar mit dem Extrakick?

Das WM-Halbfinale Deutschland gegen Brasilien hat den Charakter eines vorweg genommenen Endspiels. Auch ohne ihren verletzten Superstar Neymar ist die Selecao ein harter Brocken. Die Stärken und Schwächen der Brasilianer im Teamcheck.

Das bisherige Turnier

Kurz und bündig: Glanzlos, aber erfolgreich. Beim 3:1 im Eröffnungsspiel gegen Kroatien ebneten ein genialer Neymar und eine Schiedsrichter-Fehlentscheidung den Sieg. Beim schwachen 0:0 gegen Mexiko biss sich der Gastgeber an Tri-Keeper Ochoa die Zähne aus. Selbst das 4:1 gegen zerstrittene Kameruner offenbarte, dass Brasilien außer dem Schema “Ball zu Neymar und abwarten was passiert” wenig zu bieten hat. Im Achtelfinale gegen Chile (4:3 nach Elfmeterschießen) und im Viertelfinale gegen Kolumbien (2:1) hatte Brasilien auch dank toleranter Schiedsrichter, die ihre Karten bei sich behielten, das Glück auf seiner Seite – wenngleich das Foul des Kolumbianers Cuniga an Neymar ebenfalls fernab der Sportlichkeit war.

Die Stärken

Die größte Stärke Brasiliens ist nicht – wie eigentlich vom Anbeginn des Fußballs an – die Brillanz in der Offensive. Stattdessen lebt die Selecao von einem 200-Millionen-Einwohner-Volk im Rücken, von einer immensen Leidenschaft und von einer durchaus physischen bis rustikalen Spielweise.

Die Schwächen

Offensiv fand Brasilien im Turnierverlauf aus dem Spiel heraus eigentlich nur über Neymar statt. Selbst die Standards, bei denen das Weltklasse-Innenverteidigerduo Thiago Silva (ein Tor; gegen Deutschland gelbgesperrt) und David Luiz (zwei Tore) brandgefährlich waren, wurden in der Regel durch den Superstar getreten, der aufgrund eines Lendenwirbelbruchs bei dieser WM nicht mehr eingesetzt werden kann.

Der Faktor Neymar

Ohne den besten Spieler, den nationalen Hoffnungsträger, scheint Brasilien offensiv harmloser und damit schlagbarer denn je zu sein. Allerdings besteht aus deutscher Sicht die Gefahr, dass Neymars Mitspieler durch das Fehlen des “Alibi-Spielers” über sich hinauswachsen. Dazu kommt, dass die Fans als Trotzreaktion nun noch mehr wie ein Mann hinter der Selecao stehen werden.

Der Faktor Thiago Silva

Thiago Silva ist ohne Zweifel ein Weltklasse-Verteidiger. Seine unnötige zweite gelbe Karte aus dem Kolumbien-Spiel schwächt Brasilien im Abwehrzentrum. Der PSG-Profi ist aber zu ersetzen. Dante von Bayern München, der ihn ersetzen dürfte, reicht an einem guten Tag fast an das Niveau des Kapitäns heran.

Der Trainer

Luiz Felipe Scolari hat Brasilien 2002 den fünften und bislang letzten WM-Titel beschert. Schon damals ließ er ungewohnt defensiv agieren, hatte in Ronaldo, Rivaldo und Ronaldinho aber drei Offensivkünstler der absoluten Weltklasse zur Verfügung. Diese Qualität besitzt der aktuelle Kader nicht. “Felipao” kompensiert diesen Makel, indem er vom Prinzip des schönen Spiels (“Joga Bonito”) abgewichen ist und die Partien über die Defensive zu gewinnen versucht. Führt er das Land mit dieser Methode zum Titel, wird hinterher mehr niemand mehr nach dem “Wie” fragen.

Die Vorgeschichte

Acht der bisherigen 19 Weltmeisterschaften wurden von Brasilien und Deutschland gewonnen – und doch haben beide Nationen erst einmal bei einem Weltturnier die Klingen gekreuzt. Im Finale der WM 2002 in Yokohama war Deutschland sogar spielerisch besser, ausgerechnet der bis dato überragende Keeper Oliver Kahn verschuldete aber das 0:1 durch Ronaldo, der wenig später nachlegte und das Spiel entschied.

Auch die Gesamtbilanz aus deutscher Sicht ist alles andere als rosig: In 21 Vergleichen gewann Deutschland nur viermal, bezog aber zwölf Pleiten. Zumindest der letzte Vergleich ging an die DFB-Elf: Beim 3:2 im August 2011 in Stuttgart war das Löw-Team überlegener als es das Ergebnis aussagt. Allerdings hat Deutschland die Selecao bislang auch nur auf heimischem Boden schlagen können.

Prognose

Gegen Frankreich hat Deutschland eine immense Geschlossenheit an den Tag gelegt. Diese braucht es bei aller Klasse der Spieler, um in der Endphase eines großen Turniers bestehen zu können. Brasilien ist ohne Neymar eindeutig geschwächt und dürfte dies durch Körperlichkeit kompensieren. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Deutschen “brasilianisch” und die Brasilianer “deutsch” spielen. Da gilt es, ruhig zu bleiben und die größere Klasse auszuspielen. Gelingt das, packt Deutschland zum achten Mal den Sprung ins Finale. Tipp: 2:1 nach Verlängerung.

Video: Neymar-Ausfall Vorteil für Brasilien

[Originalartikel zu erst erschienen auf www.aktives-abseits.de]

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Erzfeind demütigt Brasilien: Die Invasion der Argentinier

Argentinische Fans fallen diese Tage in die brasilianischen WM-Städte ein. Wohin man blickt, überall sieht und hört man tanzende und singende Argentinier, die ihr Team anfeuern, das am Mittwoch gegen die Niederlande im Halbfinale steht. Das schlimmste was dem WM 2014 Gastgeber passieren könnte, wäre eine Niederlage vor heimischen Publikum in dem potenziellen Finale zwischen Brasilien und Argentinien. Die Schmach würde den bisherigen Tiefpunkt des brasilianischen Fußballs, den Schock von Maracanã, bei der WM 1950 im eigenen Land noch übersteigen. Damals entschied Uruguay das Finale im Maracanã-Stadion von Rio de Janeiro mit 2:1 für sich und sorgte für ein schweres Trauma, das auch heute noch in den Köpfen der Brasilianer umherspukt.

Der brasilianische Fußballkommentator Fabio Piperno hat gegenüber dem arabischen Nachrichtensender Al-Jazeera erklärt, was eine Niederlage gegen Argentinien im Finale für das Land bedeuten würde: „Gegen Argentinien im eigenen Land zu verlieren, würde ewigen Schmerz verursachen – ein Schlag ins Gesicht, den Brasilien nicht verarbeiten könnte. Ein Schlag, der nicht nur für den brasilianischen Fußball verheerend wäre, sondern sich auf die Geschichte des gesamten brasilianischen Sports auswirken würde. Es ist schwer, sich das vorzustellen, aber dieses Szenario würde ein immenses emotionales Trauma für ganz Brasilien bedeuten.“

Die Invasion der Argentinier

Umso schmerzlicher muss es für die Brasilianer sein, dass jeden Tag Abertausende von Argentiniern an den Stränden von Rio singen, tanzen und feiern und das in einer Masse und Lautstärke, die ihresgleichen sucht. Dabei wird vor allem ein ganz bestimmtes Lied immer wieder angestimmt, das für die Brasilianer einer schallenden Ohrfeige gleich kommt: „Brasil Decime Qué Se Siente“. Was derzeit an der Copacabana passiert, kommt tatsächlich einer Invasion gleich, denn nicht nur an Spieltagen der Argentinier hat man den Eindruck, dass mehr Gauchos am dem weltberühmten Strand für Stimmung sorgen, als Einheimische selbst. Es ist die Rede davon, dass etwa 100.000 Argentinier die Reise nach Brasilien angetreten haben. Auch die brasiliansiche Sängerin Isabel Monteiro musste bereits feststellen: „Oh, mein Gott, sie haben unsere Strände eingenommen“.

Die Rivalität in Sachen Fußball zwischen Brasilien und seinem Nachbarland könnte nicht größer sein. Dies wird vor allem in den schon angesprochenen Song deutlich, der die Brasilianer und ihr Fußballteam geradezu verhöhnt.

„Brasil Decime Qué Se Siente“ lautet die erste Zeile des Fansongs und fragt die Gastgeber, wie es sich anfühlt, dass Papa (also das bessere Team) zu Hause ist? Im weiteren Verlauf des Songs wird auf die Niederlage Brasiliens im WM 1990 Achtelfinale hingewiesen und auf ein späteres Aufeinandertreffen im Turnier angespielt. Ein Spiel, das Argentinien mit ihrem Superstar Messi für sich entscheiden wird. Das Lied endet damit, dass behauptet wird, Diego Maradona sei der bessere Fußballspieler als Pelé.

Die letzte Begegnung zwischen den beiden südamerikanischen Fußballnationen bei einer Fußball Weltmeisterschaft liegt bereits 24 Jahre zurück. Bei der WM 1990 in Italien kickte Argentinien die Brasilianer nach einem 1:0 Sieg aus dem Turnier. Zwar treffen beide Teams regelmäßig in der Copa America oder in den Qualifikationsspielen für die Fußball Weltmeisterschaften aufeinander, doch ein Spiel während einer WM hat einen ganz anderen Stellenwert. Bisher hat Brasilien mit fünf WM-Siegen die Nase aber noch deutlich vor seinem Erzfeind, der zwei Turniersiege für sich verbuchen können.

Die Lyrics von Brasil Decime Qué Se Siente:

Brasil, decime qué se siente
Tener en casa tu papá.
Te juro que aunque pasen los anos,
Nos vamos a olvidar
Que el Diego te gambeteó,
Que Cani te vacunó,
Que estás llorando desde Italia hasta hoy.
A Messi lo vas a ver
La copa nos va a traer,
Maradona es más grande que Pelé.

Übersetzung ins Deutsche:

Brasilien, sag mir, wie es sich anfühlt,
dass Papa zu Hause ist?
Ich schwöre, dass wir auch nach all den Jahren
Niemals vergessen werden,
Dass Diego (Maradona) euch überlegen ist,
Dass Cani (Claudio Caniggia) euch überrascht hat
Seit Italien (WM 1990) weint ihr nun schon
Ihr werdet Messi begegnen
Das wird unsere WM
Maradona ist größer als Pelé

Video von feiernden Argentiniern an der Copacabana nach dem gewonnenen Viertelfinalspiel gegen Belgien:

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Brasilianische Prepaid Sim-Karte für Ausländer: So geht's

Während meiner Brasilien-Reise zur WM 2014 möchte ich natürlich auch das ein oder andere Bild für meine Leser auf Facebook oder Twitter stellen. Da in den sozialen Netzwerken alte News ähnlich ansprechend wie kalter Kaffee sind, kam es nicht in Frage, die Bilder erst im Hotel online zu stellen, wo ich Zugriff auf das W-LAN Netzwerk habe. Auch die Nutzung von Datenroaming ist aufgrund der hohen Kosten keine Option. Also musste eine Prepaid Sim-Karte eines örtlichen Anbieters her. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn laut Berichten im Internet benötigt man für den Kauf einer derartigen Sim-Karte eine brasilianische Sozialverischerungsnummer.

Die Lösung: TIM Visitor Prepaid Sim Karte

Vor Ort hat sich dies dann auch schnell bestätigt, als ich in den ein oder anderen Handyladen hineinspaziert bin und abgewiesen wurde. Aufgrund der Sprachbarriere konnte mir auch keiner weiterhelfen und sagen, ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt. Leider kenne ich auch niemanden, der mir seine Sozialversicherungsnummer mal eben „ausleihen“ würde. Als bin ich zur Touristen-Info gelaufen und habe mich dort auf englisch erkundigt, was ich für Möglichkeiten habe. Und tatsächlich: Der Mobil-Anbieter TIM bietet eine Sim-Karte für Ausländer an.

Leider war die Visitor Sim-Karte in den TIM-Shops aufgrund der hohen Nachfrage während der WM in der Innenstadt bereits ausverkauft. Auf der Webseite des Anbieters findet ihr eine Übersicht der einzelnen TIM-Läden. Ich wurde nach längerer Suche schließlich im Tijuca Shopping Center fündig.

Karte aktivieren mit Reisepass

Zur Aktivierung der Visitor Prepaid Sim Karte benötigt man einen gültigen Reisepass und eine Adresse, unter der man in Brasilien erreichbar ist (Zip-Code meines Hotels hat ausgereicht). Die Sim-Karte, die es in allen üblichen Größen gibt (normal, Micro, Nano) kostet 50 Réais (ca. 17 Euro), die vertelefoniert bzw. zur Datennutzung verwendet werden können (siehe die Konditionen unten). Man muss die Karte noch aktivieren, bevor man sie nutzen kann. Dazu ruft man die kostenfreie Servicenummer *144 an und wird mit einem (englischsprachigen) Servicemitarbeiter verbunden. Diesem muss man zur Registrierung der Karte den Zip-Code der Unterkunft und die Reisepassdaten durchgeben. Es dauert dann noch einmal ca. 2 Stunden, bis die Karte aktiviert ist und man los surfen und telefonieren kann.

Die Konditionen

In den 50 Reais ist ein 1,5 GB großes Datenpaket enthalten, das 7 Tage lang genutzt werden kann. Hält man sich länger im Land auf, muss man für 25 Reais ein neues Internetpaket erstehen. Zudem kann man für die restlichen 25 Reais telefonieren und SMS schreiben. Inlandgespräche kosten 0,50 R$ pro Minute. Internationale Telefonate 1,00 R$ pro Minute sind ebenfalls zu einem fairen Preis möglich. Eine SMS kostet 0,50 R$. Ist das Guthaben aufgebraucht, kann man dieses über die Servicenummer *241 wieder aufladen. Dazu ist ein Kreditkarte von Nöten. Alternativ kann man neues Guthaben auch in Kiosken, Zeitschriftenläden, Supermärkten, Drogerien etc. kaufen.

Die Sim-Karte kann übrigens auch ins Tablet eingelegt und zum Surfen genutzt werden. Perfekt also für alle Brasilien-Reisenden!

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Deutschlands Gegner Frankreich im Check – Adieu, les Bleus?

Zum ersten Mal seit den Halbfinals 1982 und 1986 kreuzen Deutschland und Frankreich bei einer WM wieder die Klingen. Wo liegen die Stärken der Equipe Tricolore, wo die Schwächen? Was sind die Besonderheiten des Spiels? Der Teamcheck gibt Aufschluss.

Das bisherige Turnier

In der eher einfachen Gruppe E hat sich Frankreich keine Blöße gegeben. Das 3:0 gegen den schwächsten Gegner Honduras war ein lockerer Aufgalopp. Beim 5:2 gegen die Schweiz spielte das Team gegen einen allerdings auch desolaten Gegner phasenweise wie im Rausch. Das 0:0 gegen Ecuador war nach den beiden Siegen zuvor bedeutungslos. Im Achtelfinale gegen Afrikameister Nigeria (2:0) war Frankreich nach der Pause drückend überlegen, benötigte aber bis zur 79. Minute, ehe Paul Pogba zum erlösenden 1:0 traf.

Die Stärken

Die Ausgeglichenheit im Kader. Es gibt keinen wirklich schwachen Mannschaftsteil. Kapitän Hugo Lloris ist ein Klassekeeper, die Viererkette um die talentierten Innenverteidiger Raphael Varane (21) und Mamadou Sakho (24) stand bislang sehr solide. Das Dreiermittelfeld um die robusten Paul Pogba und Blaise Matuidi sowie den Strategen Johan Cabaye bietet eine starke Mischung. Der Dreierangriff mit dem jungen Antoine Griezmann und Mathieu Valbuna sowie dem bislang viermal erfolgreichen Karim Benzema im Zentrum ist einer der besten der bisherigen WM.

Die Schwächen

Früher war der (fehlende) Charakter der französischen Mannschaft immer ein großer Risikofaktor, siehe beim Desaster 2010 inklusive Meuterei gegen den Trainer. Die Truppe von 2014 scheint an einem Strang zu ziehen. Auch fußballerisch hat sich das verletzungsbedingte Fehlen von Superstar Franck Ribéry bislang nicht negativ ausgewirkt. Schwächen bestehen allenfalls in der Unerfahrenheit im Abwehrzentrum sowie in der fehlenden Breite auf der Bank. Hier ist Deutschland klar im Vorteil.

Der Trainer

Als Kapitän hat Didier Deschamps mit Frankreich die WM 1998 und die EM 2000 gewonnen. Seit 2012 als Nationaltrainer im Amt, hat der als Disziplinfanatiker bekannte frühere Sechser nun bereits für das beste Abschneiden bei einem großen Turnier 2006 gesorgt. Damals wurde Frankreich angeführt vom großen Zinédine Zidane WM-Zweiter.

Die Vorgeschichte

Der Rammstoß von Toni Schumacher gegen Patrick Battiston im WM-Halbfinale von Sevilla 1982 wird wohl auf ewig untrennbar mit der Paarung Deutschland – Frankreich verbunden sein. In Frankreich umso mehr wie hierzulande, wie man in den letzten Tagen der Presse auf der anderen Seite des Rheins entnehmen konnte. Darin forderten die im Elfmeterschießen geschlagenen Protagonisten von einst “Rache”, einzelne Medien holten auch wieder die Geschichte vom “Schlächter von Sevilla” aus der Mottenkiste. Schumacher selbst glaubt nicht, dass die Historie Einfluss auf das Spiel haben wird: “Die Spieler, die am Freitag auf dem Platz stehen werden, waren doch 1982 noch gar nicht geboren!” Angesichts dieser dominanten Geschichte gerät fast in Vergessenheit, dass Frankreich auch 1986 trotz besseren Spiels in der Vorschlussrunde an Deutschland scheiterte (0:2).

Prognose

Durch den Zittersieg gegen Algerien hat sich Deutschland nicht gerade in die Favoritenrolle für das Spiel gebracht. Eine erneute Leistung wie in der ersten Hälfte dürfte gegen Frankreich das Aus bedeuten. Die Equipe Tricolore kommt der DFB-Elf aber auch entgegen, weil sie selbst gern das Spiel macht. Es dürfte eine offene, enge Partie werden. Neuer wird es richten: 1:0 – nach 90 Minuten oder nach Verlängerung.

Originalartikel zuerst erschienen auf www.aktives-abseits.de.

Bild: korobokkuru (CC BY 2.0)

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Einkaufen in Rio: Bitte Geduld mitbringen!

Ich hätte ja nicht gedacht, dass Einkaufen in Rio de Janeiro noch nervenaufreibender sein kann, als an einem Samstag Mittag in einem Kapstädter Supermarkt. Aber gegen das Gewusel in Rio geht es in Afrika noch gesittet zu. Okay, Kapstadt ist nicht gerade mit dem Rest von Afrika gleichzusetzen, dennoch ist das schon ein anderes Kaliber als in einem deutschen Supermarkt.

In Rio braucht man jedenfalls noch viel mehr Geduld beim Einkaufen. Selbst unter der Woche ist dort die Hölle los. Es fängt schon an, dass man kaum in den Laden reinkommt, weil die ganze Kassenfront mit Einkaufswägen und wartenden Menschen zugeparkt ist. Wenn man dann endlich drin ist und wie ich vergessen hat, einen Einkaufskorb zu holen, muss man eben warten, bis man sich wieder rausgeschoben hat oder aber zufällig einen leeren Wagen findet.

Regeln wie in deutschen Supermärkten gibt in Brasilien irgendwie nicht. Während in Deutschland gewöhnlich immer links herum gelaufen wird und man sich somit selten im Weg steht, laufen die Bewohner Rios – auch Cariocas genannt – ohne erkennbares Muster durch den Supermarkt. Recht- oder Linksverkehr gibt es nicht, weshalb man regelrecht Slalom laufen muss. Immer wieder versperrt einem jemand mit seinem riesigen Einkaufswagen den Weg, ohne dass es die betreffende Person kümmern würde und sie einmal Platz machen würde. Solange sie im Regal sucht, was sie braucht, musst du eben warten. Oft stehen auch einfach herrenlose Einkaufswägen in den Gängen, teilweise auch zwei nebeneinander, so dass man überhaupt nicht mehr dran vorbeikommt. Den Einkaufswagen als Basis zu nutzen und sich laufend durch den Supermarkt zu machen und alles einzeln zu besorgen, ist auch glaube ich die leichtere Strategie.

Alternativ wird der Einkaufswagen einfach direkt Richtung Kasse geschoben und als Platz- und Wartehalter in die Schlange gestellt. So kann der Brasilianer gemütlich seine noch fehlenden Einkäufe erledigen, ohne am Ende wie ich 15 Minuten in der Kassenschlange warten zu müssen.

Leider sind die Gänge zwischen den einzelnen Kassen jedoch so schmal, dass die Einkaufswagen dort nicht hindurchpassen. Und so stauen sich vor den Kassen zusätzlich zu den Wartenden noch zig leere Wägen, die ab und an von genervten Kunden nach hinten durchgeschoben werden, wo sie sich wiederum stauen, bis ein Supermarktmitarbeiter sich erbarmt und sie zurück zu ihrem angestammten Platz schiebt.

Wenn man dann endlich dran ist und seine Waren auf das Fließband legen will, wird man feststellen, dass es kein Fließband oder Warentrenner gibt. Stattdessen muss man seine Einkäufe selbst immer wieder nach vorne schieben. Da das kaum jemand macht und auch die KassiererInnen sich dazu nicht verantwortlich fühlen, staut es sich noch mehr vor den Kassen. Man muss quasi warten, bis das letzte Produkt des vorherigen Kunden gescannt wurde und die Ablage wieder frei wird. Immerhin: Die Scanner haben integrierte Waagen zum Abwiegen von Obst und Gemüse. Dies sollte sich endlich auch mal in Deutschland durchsetzen.

In Südafrika werden die Einkäufe von Packerinnen in kostenpflichtige Tüten verstaut. Das ist in Brasilien anders. Hier gibt es kleine und sehr instabile Tüten, die sehr schnell reißen. Aus diesem Grund stecken die KassiererInnen immer zwei Tüten ineinander, um die Reißgefahr zu verringern. Da die Tüten aber kostenlos sind, gehen nur die wenigstens Kunden ein Risiko ein und füllen die Tüten maximal bis zur Hälfte. Ihr könnt euch vorstellen, wie viele Plastiktüten am Ende in den Einkaufswägen landen. Zur Visualisierung habe ich aber noch ein Bild hinzugefügt. Dass Rio de Janeiro ein Müll- und Umweltproblem hat, verwundert mich jedenfalls nicht mehr.

Plastiktüten

Disclaimer: Es kann natürlich sein, dass es woanders in Brasilien ganz anders und womöglich wesentlich moderner und geordneter zugeht. Die Sicht der Dinge hier beschreibt einzig und allein meinen persönlichen ersten Eindruck von einem Supermarkt in Brasilien und soll daher auch mit einem Augenzwinkern gelesen werden.

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Deutschland gegen Frankreich: Lahm weiter im Mittelfeld

Am Freitag trifft unsere DFB-Mannschaft im WM 2014 Viertelfinale auf Frankreich. Nach der schwachen Achtelfinal-Leistung in der ersten Halbzeit gegen Algerien fordern viele Fußballexperten wie auch Fans von Bundestrainer Joachim Löw eine Änderung der Taktik. Nachdem Shkodran Mustafi im Achtelfinale aufgrund einer Verletzung in der 70. Spielminute ausgewechselt werden musste, wechselte Kapitän Philipp Lahm auf seine alte Position des rechten Außenverteidigern, während Sami Khedira den Posten neben Bastian Schweinsteiger einnahm. Wo zuvor Angriffe über die Außenbahnen kaum möglich waren, ging es jetzt plötzlich doch nach vorne. Die Abwehr wirkte stabiler. Gerade gegen im Mittelfeld eng stehende Mannschaften wie Algerien hat sich gezeigt, dass vier gelernte Innenverteidiger als Viererkette nicht wirklich funktionieren. Mustafi war seine Unsicherheit deutlich anzumerken und so wurde er von seinen Mitspielern im Spiel nach vorne immer wieder gemieden, selbst wenn er frei stand.

Lahm nur im Notfall auf der rechten Abwehrseite

Nun hat sich auch bestätigt, dass Mustafi aufgrund eines Muskelbündelrisses für das restliche Turnier ausfällt. Für Löw, der als Sturrkopf bekannt ist, wäre das die ideale Möglichkeit gewesen, seine Defensive doch noch einmal umzubauen. Doch jetzt hat er noch einmal klar gemacht, dass Lahm auch künftig im defensiven Mittelfeld spielen wird. Gegenüber der „Zeit“ sagte Löw: „Ich habe meine Entscheidungen getroffen, auch was die Rolle von Philipp Lahm betrifft. Und dazu stehe ich bis zum Schluss.“

Ausnahmen werde es höchstens aus einem Spiel heraus und nur im absoluten Notfall geben. In die rechte Verteidigung wechselt Lahm nur, „falls wir auf der rechten Seite ein akutes Problem im Spiel bekommen sollten und ich sage: Okay, jetzt ist Philipp Lahm gefordert, der viel Druck nach vorne entfalten kann.“

Ob Mats Hummels nach seiner Grippeerkrankung bis Freitag wieder fit und einsatzbereit ist, ist noch unklar. Sollte er erneut ausfallen, würde wohl Jérôme Boateng von der Innenposition nach rechts außen wechseln, wie dies schon gegen Portugal der Fall war.

Özil bleibt in der Startelf

Doch auch im Angriff gibt es weiterhin Personalsorgen. Auch der Einsatz von Lukas Podolski steht weiterhin auf der Kippe, der nach einer Zerrung schon gegen Algerien pausieren musste. Mesut Özil dagegen scheint bei Löw in der Startelf gesetzt zu sein. Auch er musste sich nach dem Achtelfinale der Kritik stellen, nicht kaltschnäuzig genug vor dem Tor zu sein. Zwar schoss er in der 120. Minute das entscheidende zweite Tor, doch ansonsten fehlte ihm der Zug zum Tor und er kam trotz guter Möglichkeiten nicht zum Abschluss. Löw jedoch zeigt Unverständnis für die öffentliche Kritik und verteidigt den Arsenal-Profi: „Diese Art der öffentlichen Kritik ist für mich genauso unverständlich wie jene an Philipp Lahm. Mesut Özil war 2010 und 2012 der überragende Spieler des Turniers. Das kann ich doch nicht einfach vergessen. Ich bleibe dabei, Mesut Özil ist extrem wichtig für uns. Wenn wir es schaffen, ihn in den nächsten Tagen in Topform zu bringen, dann ist er für die Mannschaft unersetzlich. Weil ich weiß, dass er Spiele mit einer einzigen Aktion entscheiden und beeinflussen kann.“

Hoffen wir, dass Löws Taktik aufgeht und wir gegen Frankreich mehr Druck vor dem Tor erzeugen und hinten weniger Chancen zulassen. Denn dass die Equipe Tricolore sich ähnliche Möglichkeiten entgehen lässt, die unsere Elf gegen Algerien zuließ, darf bezweifelt werden.

Video: Löw fehlt die taktische Flexibilität:

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Rio ruft – Brasilien ich komme!

2006 haben wir das Sommermärchen in Deutschland gefeiert. Was war das ein Fest und eine geile Stimmung! Ganz besonders sind mir das super-spannende Viertelfinalspiel gegen Argentinien mit anschließendem Elfmeterschießen und das Spiel um Platz 3 in meiner Geburtsstadt Stuttgart in Erinnerung geblieben. Seitdem konnte Deutschland bei den darauf folgenden Turnieren immer überzeugen, für den Titel hat es aber leider nie gereicht. Vielleicht ja 2014?!

Durch einen Zufall bin ich 2008 an ein Praktikum in Kapstadt gekommen und weil es mir dort unten so gut gefallen hat, bin ich Anfang 2010 nach Beendigung meines Studiums ins Land am Kap ausgewandert. Dort hatte ich die einmalige Chance, die erste Fußball Weltmeisterschaft auf afrikanischem Boden live mitzuerleben. Allen Unkenrufen zum Trotz haben die Südafrikaner eine wunderbare und sichere WM auf die Beine gestellt und für tolle Stimmung gesorgt, auch wenn das Wetter nicht immer mitgespielt hat.

Umso mehr freue ich mich, dass es auch vier Jahre später wieder mit einem Besuch des Turniers klappt. Nachdem ich die Vorrunde in Deutschland verfolgt habe, hebt heute Abend um 22:15 Uhr die „Fanhansa“ in Frankfurt Richtung Rio de Janeiro ab. Nach 13 Stunden Flug habe ich dank 2-tägiger Spielpause genug Zeit, mich an die Zeitumstellung und das Klima zu gewöhnen und Rio auszukundschaften. Über meine Erlebnisse und die Stimmung in dem Gastgeberland der WM 2014 werde ich an dieser Stelle in den nächsten zwei Wochen berichten.

Zum Halbfinale geht es dann ins 700 Kilometer entfernte Belo Horizonte. Hoffentlich mit deutscher Beteiligung… Dafür muss sich unsere Elf aber im Vergleich zu gestern noch steigern, sonst könnte es gegen Frankreich schneller vorbei sein, als uns lieb ist.

Das Spiel um Platz 3 und das Finale werde ich schließlich wieder in Rio de Janeiro verfolgen, bevor es am 14. Juli zurück nach Kapstadt geht. Die Vorfreude steigt! Vielleicht ist das ja meine letzte Fußball Weltmeisterschaft, bei der ich dabei bin. Denn die WM 2018 in Russland und 2022 in Katar stehen aus guten Gründen eher nicht auf meiner To-Do-Liste…

fanhansa
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Fußball heute: die letzten WM 2014 Achtelfinalspiele

Welche zwei Teams ziehen nach Brasilien, Kolumbien, den Niederlanden, Costa Rica, Frankreich und Deutschland noch ins Viertelfinale ein? Heute wird sich entscheiden, wer am Samstag in Brasília im dritten Viertelfinale aufeinandertrifft (siehe WM 2014 Spielplan – Viertelfinale).

Die möglichen Gegner sind der Gewinner des siebten Achtelfinals – Argentinien oder die Schweiz – und der Sieger des achten Achtelfinals – Belgien oder die USA:

Argentinien vs. Schweiz
Achtelfinale 7, São Paulo, 18:00 Uhr, ZDF

Die Schweiz ist in diesem Achtelfinale sicher der Außenseiter. Doch das argentinische Team rund um Lionel Messi wusste bisher im Turnier noch nicht so richtig zu überzeugen. Ottmar Hitzfeld, der nach der WM seinen Trainerjob an den Nagel hängen wird, ist sich jedoch sicher, dass das heute nicht sein letztes Spiel sein wird. Wir drücken die Daumen!

Belgien vs. USA
Achtelfinale 8, Salvador, 22:00 Uhr, ZDF

Belgien gilt bei vielen Experten als Geheimfavorit. Doch dieser Rolle konnte das Team von Trainer Marc Wilmots bisher noch nicht gerecht werden. Man merkt dem jungen und zweifellos talentierten belgischen Kader deutlich an, dass sie mit dem Druck des Turniers nicht immer umzugehen wissen. Heute geht es um alles oder nichts. Nur der bessere kommt weiter. Jürgen Klinsmann, der die US-Amerikaner coacht, gilt als großer Motivator. Man darf gespannt sein, ob die mentale Stärke am Ende reicht, um sich gegen den Favoriten durchzusetzen.

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Deutschland vs. Algerien: Erste Allgemeine Verunsicherung

Das 2:1 nach Verlängerung im WM-Achtelfinale der deutschen Nationalmannschaft gegen Algerien war aus Sicht der Protagonisten ein Spiel der Marke “Mund abputzen, weitermachen”. Doch so einfach darf man es sich nicht machen.

Nennen wir das Kind beim Namen: Die erste Halbzeit gegen Algerien war wohl die grausigste einer deutschen Mannschaft bei einer Weltmeisterschaft seit dem schlimmen Turnier 1998 in Frankreich. Damals war im Viertelfinale Schluss. Bei einer Wiederholung der Leistung vom Montag dürfte dies auch anno 2014 der Fall sein. Denn Viertelfinalgegner Frankreich würde vermutlich nicht so verschwenderisch mit den Chancen umgehen, die das DFB-Team den Algeriern im ersten Abschnitt erlaubt hat.

Mit Pauschalurteilen sollte man immer vorsichtig sein, doch in den ersten 45 Minuten haben zehn Schatten ihrer selbst und ein überragender Manuel Neuer mit dem Adler auf der Brust in Porto Alegre auf dem Rasen gestanden. Für das Team spricht, dass nach dem Seitenwechsel die Kontrolle über weite Strecken hergestellt war. So wurde es das erwartete Geduldsspiel – und man konnte von Glück sagen, dass der Gegner zuvor die allgemeine Verunsicherung nicht schon vorentscheidend genutzt hatte.

Was Löw nun aufarbeiten muss

Bundestrainer Joachim Löw wird nun aufarbeiten müssen, wie es zum 45-minütigen Blackout kommen konnte. Die Bedingungen waren mit mehr als gemäßigten Temperaturen bei leichtem Regen so wie an einem normalen Bundesliga-Wochenende – eigentlich ein klarer Vorteil.

  • Eklatant waren aber wieder einmal die Abstände zwischen Angriff/Mittelfeld und Abwehr. Dadurch war frühes Stören quasi ausgeschlossen. Löw hat einen Narren daran gefressen, mit vier Innenverteidigern zu spielen. Die Devise: Dieses Quartett ist so zweikampfstark, dass man eins-gegen-eins-Duelle riskieren kann. Doch wieder einmal war augenfällig, dass über die Außenverteidigerpositionen wieder einmal nichts nach vorne angeschoben wurde. Höwedes war meist defensiv gebunden, Mustafi bis zu seiner Verletzung bemüht, aber ohne auch nur den Ansatz von Gefahr zu erzeugen.
  • Bezeichnenderweise wurde es erst besser, als Philipp Lahm auf seine “angestammte” Rechtsverteidigerposition ging. Löw muss nun einsehen, dass diese Lösung die beste für die weiteren Spiele ist. Zwar dürfte Mats Hummels gegen Frankreich wieder dabei sein, doch Lahm dann erneut ins Mittelfeld zu ziehen und sich so eines Spielmachers über den Flügel zu berauben, wäre beinahe hirnrissig.
  • Weiter vorne drückte allerdings auch wieder der Schuh. Bastian Schweinsteiger fand auch im Zuge der Leistungssteigerung der gesamten Mannschaft nach der Pause nicht viel besser ins Spiel. Der Anführer, zu dem er vor dem Spiel medial stilisiert wurde, war der Münchner abermals nicht.
  • Auf den Flügeln muss man Mario Götze (zu Recht nach schwachen 45 Minuten ausgewechselt) und Mesut Özil (hätte es auch verdient gehabt) ein schwaches Zeugnis ausstellen. Einmal mehr wurde klar, dass beide gute Techniker sind, aber nicht den Zug zum Tor und die Kälte im Abschluss haben. Özil verschleppte immer wieder, selbst vor seinem Tor in der Nachspielzeit der Verlängerung. Bei ihm bleibt einzig die Hoffnung, dass dieser Treffer sein Selbstbewusstsein aufbaut.
  • Ansonsten hat die Einwechslung von André Schürrle zur Pause gezeigt, welche Qualitäten ein Flügelstürmer eben auch haben sollte: Dynamik, direkter Zug, Qualität im Abschluss, Robustheit.
  • Als positive Erkenntnis bleibt: Abgesehen vom überragenden Manuel Neuer hatte jeder Spieler am Montag noch Luft nach oben. Das habe ich allerdings bereits nach dem Ghana-Spiel gesagt, und wenn dieser freie Raum nicht allmählich gefüllt wird und die meisten Spieler an ihre Leistungsgrenze kommen, wird die Reise zum Frankreich-Spiel nach Rio wohl der einzige Auftritt im Maracana sein. Das Finale findet dann eben wieder einmal ohne deutsche Beteiligung statt.

Video: Deutsche Fans nach Algerien-Spiel: Erleichtert, aber unzufrieden:

Originalartikel zu erst erschienen auf www.aktives-abseits.de

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